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Maritimer Blog

Der Bootsmann

Destination Swinemünde (Świnoujście)

Swinemünde ist eine Hafenstadt, die man mögen wird – wenn man gewillt ist, ihre authentische ehrliche Wirkung zuzulassen, ihre historische Entwicklung mitbedenkt, und bereit ist, als defensiver - um nicht zu sagen devoter - Beobachter Teil des beschaulichen Treibens zu werden.

Ausflug in die Geschichte der Stadt

Swinemünde (Świnoujście)

Swinemünde ist eine verhältnismäßig junge Stadt – erst im 18. Jahrhundert, als man unter preußischer Führung begann, den Fluss Swine schiffbar zu machen, entwickelte sich Swinemünde langsam zu einer Handels- und Marinestadt, deren Blüte mit dem Bau der Festungsanlagen westlich und östlich der Swine erreicht wurde. Der Tourismus entwickelte sich – mit kaiserlicher Unterstützung – rasend schnell, und Swinemünde war vor dem Zweiten Weltkrieg nach Kühlungsborn und Kolberg (heute Polen) drittgrößtes deutsches Ostseebad.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Swinemünde Polen zugesprochen und stand unter sowjetischen Protektorat, das bis 1992 auch einen sowjetischen Militärstützpunkt betrieb. Der Großteil der zum Ende des Krieges in der Stadt lebenden deutschen Bevölkerung wurde vertrieben bzw. umgesiedelt; polnische Zuwanderer wurden mit unterschiedlichen Vergünstigungen dazu bewegt, die Stadt zu bevölkern. In den 1950er Jahren begann man mit hohem Aufwand, die kriegszerstörte Stadt wiederaufzubauen, und errichtete den bis heute betriebenen Hochsee- und Fischereihafen. In den 60ern fand der Tourismus seinen Weg zurück an die Swine-Mündung, und galt neben Sopot und Kolberg als wichtigstes Ziel urlaubshungriger Polen.

Die ständigen scharfkantigen Umstrukturierungen der polnischen Wirtschaft, die wechselnden politischen Verhältnisse, und die zum Teil sehr stark ausgeprägten Doktrinen des Staates haben das Bild Swinemündes als Hafen- und Marinestadt stark geprägt – heute profitiert Swinemünde vor allem durch die Grenznähe zu Deutschland, den damit verbundenen wirtschaftlichen Möglichkeiten und den zunehmenden Touristenzahlen aus dem Nachbarland. Wenngleich der Eiserne Vorhang längst gefallen ist, so kann man doch ein klein wenig eintauchen in eine Zeit, in der die Staatsgrenze noch eine ganz andere Bedeutung innehatte: am sogenannten Polenmarkt (Maps) am Parkplatz direkt an der Bundestraße von Heringsdorf kommend, dessen ostalgisch anmutenden Buden bis in die Innenstadt strecken. Der Verkauf von Zigaretten und Billig-Spirituosen hat an Bedeutung verloren, zugenommen haben Kunsthandwerk und pommersche Spezialitäten, aber viel eines längst verloren geglaubten Charmes ist erhalten geblieben.

Unser Spaziergang in Swinemünde


Soll der Spaziergang entlang der Marktbuden des Polenmarktes als Einstimmung dienen, dann empfiehlt sich ein Besuch im Historischen Rathaus als Kontrastprogramm, in welchem heute ein sehenswertes Museum zur Hochseefischerei und Seefahrt (Maps) eingerichtet ist. In nächster Nähe befindet sich das Fort Zachodni (Maps), oder Westbatterie genannt, auf selber Höhe auf der anderen Seite der Swine, somit auf der Insel Wollin, das Fort Gerhard (Maps), oder Ostfort. Beide Anlagen können besichtigt werden, und beherbergen zum Teil wechselnde Ausstellungen, vorrangig zur Militärgeschichte.

Was uns auf unseren Reisen mehr begeistert als museale Streifzüge, sind unsere eigenen, intimen Beobachtungen des Jetzt und Heute. Der individuelle Spaziergang mit offenen Augen und Ohren erlaubt Einblicke, auf die uns kein Reiseführer, kein Blog hinleiten kann: In Swinemünde könnte dieser Spaziergang zum Beispiel über den Kurpark zur Mühlenbake (Maps), dem Wahrzeichen der Stadt, an der Westmole der Hafeneinfahrt führen. Oder man setzt mit der kostenlosen Personenfähre über auf die Insel Wollin, und erklimmt den mit 65 Metern höchsten Leuchtturm  (Maps) an der Ostsee, um den Rundblick in luftiger Höhe zu genießen. Um sich von den Strapazen des Leuchtturm-Gipfelsturms zu erholen, hole man sich ein gut gekühltes Bosman am Kiosk (eine polnische Brauspezialität, die wir auch wegen der Namensgleichheit gerne erwähnen) , und tauche ein in das geschäftige Treiben des Hafenviertels entlang der Ostmole, die bis zum neuen Umschlaghafen für Flüssiggas führt.

Fazit


Vorrangig wird Swinemünde im Rahmen eines Tagesaufluges vom deutschen Teil der Insel Usedom aus besucht – die Wege sind überschaubar kurz, man erreicht das Stadtzentrum sportlich per Fahrrad, oder nutzt die Bäderbahn, die von Wolgast über die Kaiserbäder bis Swinemünde führt. Wir machen das auch gerne mal umgekehrt, und mieten uns in einer der zahlreichen familiär geführten Pensionen ein, inhalieren ungeschminkten polnischen Life-Style, und unternehmen Ausflüge in die nähere Umgebung – nicht zwangsläufig nach Deutschland!

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Steckbrief


  • Stadtgebiet befindet auf drei Inseln: Usedom, Wollin und Kaseburg 
  • liegt in der Pommerschen Bucht in der Ostsee, am Stettiner Haff, geteilt durch den Fluss Swine 
  • ca. 41.00 Einwohner 
  • Schlagwörter: Vorort von Stettin, Festungs- und Garnisonsstadt, Kurpark. 
  • Unsere Highlights: Mühlenbake, Fischereimuseum im Historischen Rathaus, höchster Leuchturm an der Ostsee, Festungsanlagen Westfort, Engelsburg und Ostfort, Ostmole, Polenmarkt


Lese-Tipps


  • Richter, Hans-Werner: Reisen durch meine Zeit. Lebensgeschichten. Hanser, München 1989.
  • Richter, Hans-Werner: Deutschland deine Pommern – Wahrheiten, Lügen und schlitzohriges Gerede. Hinstorff, Rostock 2008.
  • Becht, Sabine: Usedom Reiseführer. Michael Müller Verlag, Erlangen 2020.
  • Hannes, Hellmut: Historische Ansichten von Swinemünde und vom Golm. Streiflichter aus der Vergangenheit einer pommerschen Hafenstadt, erzählt an Hand von Bildern und zeitgenössischen Berichten aus dem 19. Jahrhundert. Thomas-Helms-Verlag, Schwerin 2001.


Weblinks


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von Michael Moser-Rink 24 Nov., 2020
Ausgehend von den Nord- und Ostseeküsten hat das Fischbrötchen längst seinen globalen Siegeszug angetreten, und ist selbst in den kulinarischen Bastionen der Weiß-, Curry- und Rostbratwurst oder der Leberkäs-Semmel anzutreffen, selbst in unmittelbarer Nachbarschaft eines Würstelstandes wird bisweilen herzhaft in ein gefülltes Brötchen des Nordens gebissen. Mein erstes Fischbrötchen durfte ich, quasi herkunftsgeschützt, in Husum genießen. Ein echter Klassiker, jedenfalls der Ort des Kaufes: das allseits bekannte Fischhaus Loof am Husumer Hafen (Maps) ist längst kein Geheimtipp mehr, und wird von Einheimischen wie Gästen gleichermaßen geschätzt. Leider kann ich mich nicht mehr an die Variante erinnern, die dem Brötchen eigen war. Fisch muss es gewesen sein. Oder zumindest irgendwas aus dem Meer.
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von Michael Moser-Rink 24 Nov., 2020
Spricht man von Seemannsgarn, so meint man meist fantastische Geschichten und Legenden der Seefahrt mit nur beiläufigem Wahrheitscharakter, vergleichbar mit Sagen und Mythen. Das Erzählen von Seemannsgarn ist eine unter Seeleuten weit verbreitete alte Tradition. In früheren Zeiten der Seefahrt mussten fortlaufend unterschiedliche einfache Wartungstätigkeiten an Deck, meist bei schönem Wetter, vorgenommen werden. Dazu gehörten unter anderem das Ausbessern und Reparieren alten Tauwerks. Manche Trosse waren derart stark unter Mitleidenschaft gezogen worden, dass eine Reparatur nicht mehr lohnend erschien – man machte sich ans Recyclieren. (Ein erfahrener Seemann, seines Zeichens Chief Electrician auf einem modernen Kreuzfahrtschiff, hatte mich mahnend den Satz gelehrt: „Seamen don´t make garbage!“).
von Michael Moser-Rink 24 Nov., 2020
Auf der Landkarte ist Usedom beim ersten Hinsehen gar nicht als Insel zu erkennen: lediglich das schmale blaue Band des Peenestroms auf dem Weg zu seiner Mündung in die Ostsee bei Peenemünde machen das 445 km² große Gebiet zum Eiland.
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